LR pixel

Die Off-Grid Europe GmbH elektrifiziert 120 Dörfer im Rahmen des Projekts „ASER 300“

Pfullendorf/Dakar (jm).
Entwicklungshilfe der besonderen Art leisten derzeit Ingenieure aus Pfullendorf (Landkreis Sigmaringen) und Heiligenberg (Bodenseekreis): Die dort ansässige Off-Grid Europe GmbH und ihr Tochterunternehmen Off-Grid Africa SUARL sorgen dafür, dass 120.000 Menschen im Senegal erstmals in ihrem Leben Zugang zu Strom haben. Im Auftrag der senegalesischen Energieagentur (ASER) und der deutschen Ingenieursfirma Gauff Engineering, elektrifizieren die Spezialisten insgesamt 120 Dörfer, über so genannte Off-Grid- oder auch Minigrid-Systeme. Jedes Dorf erhält demnach einen eigenen Minigrid-Container aus Pfullendorf, über den die komplette Stromversorgung sichergestellt wird. Die Idee hinter der herausragenden und international mittlerweile vielbeachteten Lösung, bei der Sonnenenergie in Elektrizität umgewandelt und gespeichert wird, stammt von Christiane und Mark Kragh. Für die Off-Grid Europe GmbH, die in Pfullendorf 20 Mitarbeitende beschäftigt, ist es der größte Auftrag in der zwölfjährigen Firmengeschichte.

„Es ist toll, dass wir mit unserem ungewöhnlichen Konzept die Auftraggeber überzeugen konnten, denn wir sind sicher, dass unsere Lösung die effizienteste und vor allem auch preiswerteste Art ist, Strom in entlegene Landstriche zu bringen, wo kaum oder gar keine Infrastruktur vorhanden ist. Die Off-Grid-Elektrifizierung im Senegal ist ein Leuchtturmprojekt, das Vorbild sein kann für weitere Projekte auf der ganzen Erde“, sagt die aus Winterbach (Landkreis Schorndorf) stammende Christiane Kragh, die das Unternehmen gemeinsam mit ihrem dänischen Ehemann Mark im Jahr 2010 in London gegründet und zu einem der weltweit führenden Spezialisten für Off-Grid-Systeme entwickelt hat.

Über 50 Elektrifizierungsprojekte unterschiedlichster Größenordnungen hat Off-Grid Europe in den vergangenen Jahren erfolgreich umgesetzt. Die unabhängige Stromversorgung für drei Krankenhäuser in Nigeria war da genauso dabei wie die Elektrifizierung einer Alpaca-Zucht in Aylesbury (Großbritannien), des Flughafens in Papua-Neuguinea oder einer großen Farm in Paraguay.

Strom für Wasserpumpen benötigt

Bei dem Projekt im Senegal geht es unter anderem darum, Strom für den Betrieb von Wasserpumpen liefern zu können, damit vorwiegend die Frauen nicht mehr kilometerweit Wasser tragen müssen. Der Nachholbedarf ist groß: Erst 50 % der Bevölkerung in ländlichen Gebieten des afrikanischen Landes sind an ein öffentliches Stromnetz angeschlossen.

Umso mehr braucht es die Systeme von Off-Grid Europe. Diese sind dabei immer ähnlich aufgebaut. Sie kommen als in sich geschlossene Einheiten in einem typischen Frachtcontainer mit dem Normmaß von 8 Fuß (2,4384 m) breit und 20 Fuß (6,096 m) lang in die jeweiligen Dörfer und werden dort innerhalb von gerade mal zwei bis vier Tagen installiert und in Betrieb genommen.

Bestückt sind sie mit einer, je nach Dorfgröße, von 15 kW bis 45 kW leistungsfähigen Photovoltaik-Anlage, die auf dem Dach des Containers im variablen Winkel aufgeständert wird. Über einen Wechselrichter wird der Gleichstrom aus der PV-Anlage in Wechselstrom umgewandelt und schließlich in leistungsstarken Akkusystemen gespeichert. Die Solar-Speicher-Units von Off-Grid Europe sind vollklimatisiert und damit vor Ausfall gesichert. Die komplette Einheit inklusive Klimatisierung wird remote aus Pfullendorf gesteuert und überwacht.

Vollumfängliches Komplett-System

„Wir sind einer der wenigen Dienstleister überhaupt, die ein funktionierendes Komplettpaket aus Hard- und Software auf absolutem Top-Niveau zur Verfügung stellen können“, sagt Mark Kragh, der gerade erst vom Roll-out-Kick-off aus dem Senegal zurückgekehrt ist. Mittlerweile stehen die ersten Off-Grid-Europe-Container in den Dörfern. „Für die Installation des ersten Containers haben wir mit allen Vorarbeiten vor Ort ca. eine Woche benötigt, der zweite stand dann schon innerhalb von drei Tagen. Wenn sich die Prozesse endgültig eingespielt haben, dann werden wir für die Installation eines Off-Grid-Systems, je nach Größe nur noch durchschnittlich zwei bis vier Tage benötigen“, hofft Kragh. Ziel ist es, dass immer mehr Container gleichzeitig an unterschiedlichen Standorten installiert werden können. „Man muss sich das dann vorstellen wie bei einem Wanderzirkus. Es gibt eine bestimmte Basisstation und von dort aus schwärmen wir dann in die jeweiligen Dörfer aus“, so Kragh, der als Mastermind in der Branche gilt.

Qualität „Made in Germany“ ist Christiane und Mark Kragh dabei enorm wichtig. So kommen 90 % aller Bauteile der Systeme aus Deutschland, unter anderem von SMA, einem der führenden Anbieter für Wechselrichter, Photovoltaik- und Solartechnik.

Nächstes Projekt schon in der Pipeline

Der Fahrplan ist sportlich: Bis zum Jahresende 2021 sollen bereits 80 Dörfer elektrifiziert sein, und wenn das geschafft ist, geht es erst richtig los: „Wir haben aufgrund der guten Leistung bereits einen Folgeauftrag gewonnen, da geht es um weitere 120 Dörfer in den nächsten zwei Jahren. Für uns ist das Ansporn, noch mehr Mittel in die Forschung und Entwicklung zu stecken, um noch effizientere Lösungen anbieten zu können. Je schneller wir Projekte umsetzen können, desto besser. Dafür investieren wir unter anderem auch massiv in die Weiterentwicklung unserer Software, den Smart-Grid-Controller“, so Mark Kragh.

Den großen Konzernen voraus

Vorsprung durch Pragmatismus lautet dabei die Losung des Unternehmens, die längst zur Erfolgsformel geworden ist. Immer wieder stechen Christiane und Mark Kragh mit ihrem internationalen Team an Spezialisten bei Ausschreibungen sogar Weltkonzerne aus, weil sie die technologisch bessere Lösung zu einem besseren Preis anbieten können. „Das ist zwar gut für uns, aber ehrlich gesagt, ärgert mich das persönlich sehr, dass viele Anbieter einfach keine effizienten und bezahlbaren Ansätze liefern, die sich auch in der Praxis umsetzen lassen. Gemeinsam könnten wir so viel für die Menschen erreichen. Da wäre es wichtig, mehr Mitstreiter zu haben, wie wir es sind“, sagt Mark Kragh.

Beim Projekt im Senegal haben er und sein Team wieder einmal bewiesen, was es bedeutet, Vollgas zu geben. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Tochtergesellschaft Off-Grid Africa SUARL gegründet und ein Team von 20 Angestellten aufgebaut. Dieses besteht aus Ingenieuren, Elektrikern, Monteuren und Hilfskräften. Nicht nur die personelle Stärke, sondern auch die Zahl der Maschinen und Lastwägen soll in den nächsten Wochen verdoppelt werden.

Qualitätssicherung ist wichtig

Qualitätssicherung steht bei Off-Grid Europe ganz oben auf der Prioritätenliste. Das bedeutet: Jeder Off-Grid-Container wird zunächst in der Fertigung in Pfullendorf einsatzfertig montiert, in Betrieb genommen und getestet. Dann wird das System seemäßig verstaut und als Out-of-the-box-Lösung verschickt. Über Hamburg werden die Einheiten nach Afrika verschifft. Von der Bestückung eines Containers bis zu seiner Inbetriebnahme kann es bis zu drei Monate dauern. „Für die Montage mit allen Komponenten brauchen wir drei Wochen, der Seetransport benötigt vier Wochen und dann kommt es immer darauf an, wie schnell ein Container durch den Zoll kommt. Daher planen wir immer einen Puffer von zwei bis drei Containern ein“, sagt Mark Kragh.

Das Solarspeicher-Projekt ist von der senegalesischen Energieagentur (ASER) beauftragt und von der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW mit insgesamt 130 Millionen Euro gefördert. Es wird von Gauff Engineering (Nürnberg) geleitet und unter anderem von Off-Grid Europe und Off-Grid Africa umgesetzt. Die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GIZ schult außerdem vor Ort viele angehende Installateure.

Buttons zeigen
Buttons verbergen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen